Lord Rolinger sagt: X-Wing ist ein Action-Spiel. Das bedeutet einerseits, dass wir Action am Tisch haben und daher keine 5 Minuten für das Bewegen eines B-Wings brauchen dürfen. Andererseits soll der Satz auch verdeutlichen, dass Aktionen und aktionsähnliche Aufwertungen bei X-Wing spielentscheidend sind.
(Teil 2 ist hier zu finden.)
In diesem Artikel soll ein Blick auf das Thema „Action Economy“ geworfen werden und was das im Spiel bedeutet. Ein besseres Verständnis vom Wert von Aktionen erleichtert das Bewerten von Karten und damit auch den Listenbau.
Vorher jedoch eine leidlich abstrakte Einleitung in X-Wing und Aktionen:
Auf einer sehr, sehr hohen Abstraktionsebene ist X-Wing ein Spiel, in dem zwei Listen, bestehend aus Hüllen- und Schildpunkten, versuchen mit ihrem Schadenspotential (SP) die jeweils andere Seite zu zerstören. Ein Duell zwischen einem 8er-TIE-Schwarm und 4 X-Wings ist also genau genommen ein Duell zwischen 24 Hüllenpunkten und einem durchschnittlichen Schadenspotential von 16, das in 2er-Salven aufgeteilt ist (TIE Schwarm) und 20 Hüllen-/Schildpunkten und einem Schadenspotential von 12 (X-Wings).
Diese Sichtweise ist eine sehr grobe Vereinfachung und stellt die oberste Abstraktionsebene dar, wobei der ganze Firlefanz wie Aktionen, Manövrieren, Sonderfähigkeiten und so vorerst ignoriert wurd. Auf dieser simplen Ebene kommt es in X-Wing also nur darauf an, Schaden zu machen und wenn es geht, Schaden zu vermeiden.
Und hier kommen die Aktionen ins Spiel: Die Auswirkungen von Aktionen wie Fokus, Ausweichen, Zielerfassungen und sogar den Lageverbesserungen wie Schub und Faßrolle sind direkt in Schaden umzurechnen. Und wenn Schaden das ist, um das es hauptsächlich geht, dann sollten wir mit Aktionen möglichst ökonomisch unseren eigenen Schadensoutput steigern, bzw. den gegnerischen Schadensoutput senken.
Action Economy umfasst daher den Versuch, möglichst günstig an zusätzliche Aktionen zu kommen, um den eigenen Vorteil zu vergrößern. Mehr Aktionen bedeuten einen größeren Vorteil und über die Dauer des Spiels eventuell den Sieg. Vergleich ist das Konzept von Action Economy ist mit dem Konzept von Card Advantage aus Trading Card Games wie Magic: The Gathering.
Kurz gesagt:
Dicta Farlander:
Aktionen sind Schaden. Aktionen sind Leben. Aktionen sind geil.
Aktionen sind Schaden.
Ein X-Wing produziert auf Reichweite 2 ohne Aktionen im Schnitt 1,5 Treffer. Ein X-Wing mit Fokus oder Zielerfassung hingegen produziert 2,25 Treffer pro Angriff, was einer Steigerung des Schadensoutputs von 50% entspricht. Kombiniert man im Angriff die Aktionen Fokus und Zielerfassung steigt der durchschnittliche Schadensoutput weiter auf 2,81 an und hat sich damit nahezu verdoppelt. Die Aktionen Fokus und Zielerfassung haben einen direkt messbaren Effekt auf den Schadensoutput. Bei Schiffen mit 2 oder 4 Angriffswürfeln sind die Zuwächse an Schaden anders, aber es gilt einfach generell: Aktionen machen Kills.
Aktionen sind Leben.
Aktionen können aber auch Schiffe am Leben erhalten. Ein gläserner TIE Interceptor sieht sich bei einem 3-Treffer-Wurf eines X-Wings einem potentiell tödlichen One-Shot gegenüber und wird im Schnitt nur 1,125 Schaden negieren können. Danach hängt der Interceptor nur noch an einem Hüllenpunkt und wenn wir Pech haben, hat uns ein Volltreffer den Interceptor gleich komplett abgeräumt. Ein Fokus für die Defensive bringt uns aber schon 1,875 Ausweichen und da Interceptoren in der Regel mit Bis an die Grenzen gespielt werden, hat unser namenloser Interceptor auch eine Ausweichaktion gemacht, die die durchschnittliche Schadensnegierung auf 2,875 anhebt. Damit weichen wir im Schnitt einem X-Wing-Angriff auf Range 2 mit Zielerfassung und Fokus (Schadensmittel: 2,81) komplett aus und sind am Leben. Aktionen retten Schiffe.
Aktionen sind geil.
Neben den offensichtlichen Schadenmach- und Schadennegieraktionen Fokus, Ausweichen und Zielerfassung gibt es ja noch die Lageverbesserungen Schub und Faßrolle. Ich möchte sie hier nur am Rande erwähnen und kurz zeigen, wie Lageverbesserungen Schaden machen oder verhindern. Klassisch ist für die Erhöhung des Schadenspotential der Schub in Reichweite 1 für einen zusätzlichen Angriffswürfel. Bevor man aber yolomäßig (oder brainfartlander-artig) seinen kleinen Jäger an den Feind ranschubt, sollte man die Mathematik und das Aktionsmanagement mal durchrechnen: Ein X-Wing, der in Reichweite 1 boostet/schubt bekommt einen zusätzlichen Angriffswürfel und steigert sein durchschnittliches Schadenspotential von 1,5 auf 2 (+0,5). Ein Fokus auf Reichweite 2 steigert das Schadenspotential von 1,5 auf 2,25 (+0,75) und daher wäre ein Fokus wohl die bessere Alternative, wenn wir jetzt mal Überlegungen zur Positionierung in der nächsten Runde außer Acht lassen.
Interessanter sind Schub und Faßrolle meist zur vollständigen Schadensvermeidung durch das so genannte Arc-Dodging.
In der Abbildung links nutzt Soontir Fel Schub und Faßrolle aus, um sich aus dem Feuerwinkel einer Firespray zu manövrieren. Da (Scum-) Kath Scarlet auf Reichweite 1 mit 5 roten Würfeln schießen würde und wir hier mal einen Fokus annehmen, läge ihr durchschnittlicher Schadensoutput bei 3,75. Durch Arc-Dodging verringert Soontir den maximalen (!) Schadensoutput auf wenig furchterregende 0.
Diese kurze Einführung sollte verdeutlichen, wie mächtig Aktionen im Spiel sind. Sie lassen sich direkt in Schaden oder verhinderten Schaden umrechnen und sollten daher beim Erstellen von Listen und Bewerten von Karten und Situationen einfließen.
Lasst uns über Action Economy-Karten sprechen!
Da jeder Pilot außer Darth Vader nur eine Aktion pro Runde machen kann, müssen wir auf Aufwertungskarten zurückgreifen, um an mehr Aktionen zu kommen und dadurch unser Spiel zu verbessern. In diesem Teil möchte ich ein Schlaglicht auf die stärksten Action-Economy-Karten werfen und zeigen, wie sie dem Anwender Vorteile verschaffen.
Die erste Karte, die beim Thema Action Economy genannt werden muss, ist Bis an die Grenzen. Diese Karte verdoppelt auf Kosten eines Stresstokens ganz einfach die Anzahl der Aktionen. Mehr Aktionen = Mehr Schaden & Mehr Leben. Bis an die Grenzen war und ist daher seit Erscheinen eine der mächtigsten und beliebtesten Karten im Spiel.
Einzig an den Stress sollte man denken und diese Karte nur auf Schiffen spielen, die über genügend grüne Manöver verfügen, um den Stress auch wieder abzubauen.
Auch sollte man Bis an die Grenzen (oder PtL, wie diese Karte meist genannt wird) nicht auf Schiffen anwenden, die nur wenig Aktionen zur Verfügung haben, wie z.B. den alten X-Wing.
In die gleiche Kerbe „+1 Aktion für 1 Stress“ schlägt auch die einzigartige Aufwertung Experimentelles Interface, das jedoch auf dem Modifikationsslot sitzt und etwas sperriger in der Handhabung ist, da man nur Aktionen von anderen Aufwertungskarten mit dem Stichwort Aktion nutzen kann. Das macht die Karte etwas schwierig im Einsatz, aber im Grunde macht die Karte dasselbe, was Bis an die Grenzen liefert = mehr Aktionen geben. Daher kostet sie wohl auch 3 Punkte.
Der kleine Kürbis BB-8 aus Episode 7 vergibt eine freie Faßrollenaktionen noch vor dem Fliegen des Manövers. Hiermit mehr Schaden zu machen oder zu verhindern, erfordert hohes fliegerisches Können, kann aber mit der richtigen Kombo (siehe Teil 2) zu einer kranken Action Economy ausgebaut werden.
Ein weiteres Beispiel für Action Economy ist der TIE/v1-Titel des neuen TIE Advanced Prototypes, der für einen Punkt unschlagbar günstig ist. Man bekommt 1 defensive Ausweichaktion gratis dazu, wenn man eine offensive Zielerfassungsaktion macht. Zwei (festgelegte) Aktionen zum Preis von 1 Punkt unterbietet die bisherigen Karten wie Bis an die Grenzen und den Aufklärungsexperten (up next!) deutlich.
Fokustoken lassen sich beiderseits für Schadensverstärkung und Schadensvermeidung einsetzen und daher ist die Fokusaktion die wahrscheinlich nützlichste Aktion im Spiel. Der Aufklärungsexperte gibt indirekt auch zwei Aktionen, da man einfach doppelt fokussiert ist. Die Karte hat nicht die Flexibilität in der Wahl der Aktionen, verursacht aber dafür auch keinen Stress und sitzt auf dem weniger umkämpften Crew-Slot.
Nicht ganz offensichtlich als Action Economy ist das Feuerkontrollsystem zu erkennen. Das FCS (so die gängige Abkürzung) gibt dem Angreifer eine freie Zielerfassung nach dem Angriff. Der Aktionseffekt wirkt zwar erst ab der nächsten Runde (außer bei Corran Horn und diversen Sonderfällen), aber über das Spiel gesehen generiert das FCS mehrere Aktionen (bzw. aktionsähnliche Effekte), die sich direkt in zusätzlichem Schaden niederschlagen. Für nur 2 Punkte ein absolutes Schnäppchen.
Mit dem Feuerkontrollsystem verlassen wir jetzt auch den Bereich der Karten, die freie Aktionen für unsere Action Economy verteilen, und kommen in den Bereich der aktionsähnlichen Effekte. Das Feuerkontrollsystem gibt dem Angreifer ja streng genommen keine freie Aktion, sondern nur den Effekt einer Aktion. In vielerlei Hinsicht ist das sogar besser, da man das z.B. auch gestresst nutzen kann und es trotzdem auf dasselbe Ergebnis hinausläuft. Letztendlich muss man aber nicht großartig zwischen freier Aktion und Aktionseffekt unterscheiden, da das Ergebnis das gleiche ist: Mehr Bonus für den Anwender!
Eine meiner Lieblingskarten in dieser Kategorie ist Jagdinstinkt. Auch hier haben wir es nicht direkt mit einer freien/zusätzlichen Aktion zu tun, aber die Re-Rolls, die Jagdinstinkt generiert sind ähnlich gut wie eine Zielerfassung. Zwar fällt (meist) die Möglichkeit weg, den kompletten Wurf zu wiederholen und ab PS 3 hat man nur 1 Re-Roll, aber auch das bringt zusätzlichen Schaden. Und das beste an dieser Karte: Sie frisst keine Aktion. Jagdinstinkt gibt unserem Schiff also pro Angriff einen aktionsähnlichen Effekt ohne eine Aktion zu kosten. Zum Mitschreiben: Das ist geil! Der eine Re-Roll generiert bei einem ansonsten unmodifizierten Angriff auf PS 3 oder mehr +0,437 zusätzlichen Schaden. Bei Schiffen mit PS 2 oder weniger ist Jagdinstinkt sogar fast so stark wie ein „richtiger“ Fokus oder eine „echte“ Zielerfassung – nur dass dies keine Aktion kostet und bei jedem Angriff das ganze Spiel lang gültig ist!
Re-Rolls von Würfeln sind quasi freie Aktionen, da man pro Re-Roll, der zur Verfügung steht, mehr Schaden bzw. mehr Ausweichen generiert (= Schaden verhindert). Der Einsame Wolf bietet für Angriff und Verteidigung jeweils einen Re-Roll der Leerseiten an. Zwar muss man dafür abseits der Kollegen seine einsamen Kreise ziehen, aber mit dem richtigen Schiff ist das kein Problem. Ein verdammt guter Kandidat für Lone Wolf ist N’Dru Suhlak, der aber noch Glitzerstim schlucken muss, um richtig zu glänzen (Einen schönen Build hierzu in Teil 2).
Glitzerstim ist theoretisch gesehen die Königin unter den Action Economy-Karten, da sie ebenfalls theoretisch unendlich viele Aktionen in einer Runde simulieren kann. Das Schiff wird z.B. von 20 (höchst theoretisch vorhandenen) Schiffen angegriffen, aber dank Glitzerstim haben wir theoretisch 20 Mal für die Defensive fokussiert und können auch unseren Angriff mit einem simulierten Fokus verbessern und damit unsere Zahl von generierten Fokusaktionen auf 21 hochschrauben. Als Wegwerfkarte in der richtigen Situation gezündet, kann Glitzerstim seine Kosten oft wieder einspielen.
Da wir schon so viel Text haben, bündele ich die vier nächsten Karten zusammen, da sie alle bewegungsabhängig aktionsähnliche Effekte generieren:
Kyle Katarn, der K4-Sicherheitsdroide, der gesetzlose Techniker und der kommende TIE Defender-Fix geben allesamt freie Aktionen und vom Fokus über die Zielerfassung bis zum Ausweichen ist alles dabei. Die Trigger sind jeweils an die Bewegung gekoppelt und werden bei roten, grünen oder schnellen Manövern ausgelöst. Die Mechanik bleibt die gleiche: Aktionsähnliche Effekte verstärken Offensive oder Defensive, ohne Aktionen zu verbrauchen. Alle vier Karten tauchen in diversen Builds auf und sind altbekannte Turnierveteranen.
Zu guter Letzt noch zwei weitere sehr häufig gesehene Karten, deren Spielstärke leicht verständlich wird, wenn man sie unter dem Blickwinkel der Action Economy betrachtet:
C-3PO und Ysanne Isard sind ihre gegenseitigen Spiegelbilder auf Seiten der Rebellen bzw. des Imperiums. Beide synergieren hervorragend mit den dicken Ballerburgen ihrer jeweiligen Fraktion (Falke/Deci), wobei Ysanne Isard etwas stärker ist, da sie ein volles +1 Ausweichen generiert, während C-3PO Hans 0,375 Ausweichen in der Regel einfach zu 1,0 aufwertet („nur“ +0,625 Ausweichen pro Anwendung). Beide schützen die leidlich agilen Dickschiffe ohne weitere Aktionen zu fressen und synergieren wunderbar mit weiteren Karten. Auch zu diesen Karten ein paar lustige Builds in Teil 2.
Damit möchte ich Teil 1 des Grundkurs Action Economy beenden. Die Karten, die hier vorgestellt wurden, sind für X-Wing-Veteranen alte Bekannte, denn sie tauchen in den meisten Squads auf. Das unterstreicht aber auch meine These, dass Aktionen ein wichtiges, wenn nicht sogar das wichtigste Element im Spiel sind.
In Teil 2 werde ich auf Builds eingehen, die nach der Maxime „More Actions = More better!“ konstruiert sind.
Lord Rowlinger ist meine Lieblings Actionfigur!
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Gute Überischt
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